Arbeitsrechte für Frauen – Aufklärung und Mobilisierung

Arbeitsrechte für Textilarbeiter*innen

 Die Bekleidungs- und Textilindustrie El Salvadors ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Wie in den Nachbarländern Nicaragua, Honduras und Guatemala arbeiten zehntausende Näher*innen unter ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in Sonderwirtschaftszonen in sogenannten Maquila-Fabriken für die Märkte in Nordamerika und Westeuropa. In diesem Sektor, in dem meist Frauen beschäftigt sind, werden die Arbeitsrechte vielfach massiv verletzt. Insbesondere gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen mit über­langen Arbeitszeiten, erzwungenen Überstunden, extremem Arbeitsdruck und Löhnen unter der Armutsgrenze sind die Regel.

Die internationalen Normen und die nationalen Gesetze zum Schutz der Arbeiter*innen werden selten eingehalten. Das Recht auf gewerkschaftliche Vereinigungsfreiheit wird überwiegend verweigert.

Die gesetzlichen Mindestlöhne decken in keinem mittelamerikanischen Land die Lebenshaltungskosten für eine vierköpfige Familie. In El Salvador liegt der monatliche Mindestlohn der Näher*innen bei 300 US-Dollar und deckt gerade einmal 35% des Grundwarenkorbs ab, in Nicaragua verdienen sie mit 175 US-Dollar den niedrigsten Mindestlohn, der 61% des Grundwarenkorbs für Lebensmittel abdeckt (vgl. Untersuchung “Salarios de Maquila en Centro América 2018” der Forschungsorganisation EIL).

Foto: Reinhold Hummel

für würdige Arbeits-bedingungen ohne Diskriminierung

Frauennetzwerke und Gewerkschaften stärken Textilarbeiterinnen in El Salvador

Frauennetzwerke und Gewerkschaften setzen sich mit Aufklärungs- und Mobilisierungskampagnen für die Einhaltung der Arbeitsrechte der Beschäftigten in den Textilunternehmen ein. In partnerschaftlicher Kooperation wirken die von der Christlichen Initiative Romero e.V. und der Initiative EINE WELT Köngen e.V. unterstützten Partnerorganisationen, die

  • Organización de Mujeres Salvadoreñas por la Paz (ORMUSA),
  • Asociación Mujeres Transformando (MT),
  • Federacion de Asociaciones o Sindicatos Independientes de El Salvador (FEASIES) und
  • Equipo de Investigación Laboral SV (EIL)

zusammen. Sie fordern die Umsetzung von Arbeitsrechten und den Abbau von geschlechtsspezifischer Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz.

Die Arbeiterinnen in den Textilunternehmen und die Heimstick­er­innen werden zu ihren Arbeitsrechten geschult. Sie erkennen, dass sie gemeinsam für ihre Rechte eintreten können, indem sie sich kollektiv in Frauenorganisationen engagieren oder gewerkschaftlich organisieren und dass ihnen bei Arbeitsrechtsverletzungen wirksame Rechtshilfe gewährt werden kann.

Durch Schulungen von Bediensteten der Behörden und des Arbeitsministeriums wird die Sensibilität für die Themen Arbeitsrechte und geschlechtsspezifische Diskriminierung bei den zuständigen Institutionen erhöht. Bei Informationskampagnen und Lobbygesprächen wird die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und ein soziales Controlling von Unternehmen gefordert.

ORMUSA

Die Organisation Frauen für den Frieden (ORMUSA) fördert die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Eigenverantwortung von Frauen. Im Rahmen von nachhaltigen lokalen Entwicklungsprogrammen sollen die Rahmenbedingungen für Empowerment und Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern verbessert werden. ORMUSA stärkt Frauen, die in Notlagen geraten sind und Gewalt erfahren haben, und bietet ihnen rechtliche Unterstützung an.

EIL

Die „Equipo de Investigación Laboral“ -EIL führt Untersuchungen und Recherchen in Maquila-Fabriken durch, um konkreten Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen auf den Grund zu gehen. Dafür schleusen sie beispielsweise Frauen als Näherinnen in die Fabriken, um herauszufinden, wie die Arbeitsbedingungen dort sind. Die ausbeuterischen Strategien der Bekleidungsindustrie und die Unterdrückung der Gewerkschaftsfreiheit werden in Fachpublikationen angeprangert und Forderungen nach existenzsichernden Löhnen erhoben.

Mujeres Transformando

Die Frauenorganisation Mujeres Transformando („Frauen, die verändern“) kämpft für die Arbeitsrechte der Maquila-Arbeiterinnen, führt Schulungen und Informationskampagnen durch.

Mujeres Transformando arbeitet in dem Departamento Santo Tomás südlich von San Salvador. In diesem Gebiet arbeiten ca. 40 Prozent der Maquila-Beschäftigten in einer sogenannten Freien Produktionszone, in der alle Unternehmen unter besonders günstigen Rahmenbedingungen für den Weltmarktbedarf produzieren. Die Mehrheit der Beschäftigten sind Frauen. An diese Frauen, die oftmals in Armut leben, richten sich die Aktivitäten von Mujeres Transformando. Ein Teil der Frauen, die an Schulungen teilgenommen haben, unterstützen die Arbeit von Mujeres Transformando als Multiplikatorinnen und Promotorinnen. Sie klären ihre Freundinnen, Nachbarinnen und Kolleginnen über ihre Arbeitsrechte auf. Zudem erarbeitet Mujeres Transformando Studien und Berichte über Arbeitsrechtsverletzungen in den verschiedenen Fabriken. Mujeres Transformando unterstützt darüber hinaus aber auch Frauen, die den großen Bekleidungsfabriken von Zuhause aus zuarbeiten. Die als „Bordadoras“ bekann­ten Heimarbeiterinnen fertigen Stickarbeiten an – und dies unter meist noch schlechteren Arbeits­bedingungen als die Beschäftigten in den Maquila-Fabriken.

Als femin­istische Organisation zielt Mujeres Transformando auch darauf ab, die Ungleichheit und Un­ge­rechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu thematisieren und hierbei für Veränderungen einzutreten. Dazu zählt auch das gravierende Problem der Gewalt gegen Frauen. Hier bietet die Organisation psychologische und juristische Unterstützung für Frauen mit Gewalterfahrungen an.

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FEASIES

Die Gewerkschaftsföderation FEASIES möchte Arbeitsrechte für alle Beschäftigten ungeachtet des Geschlechts, Alters und Herkunft zugänglich machen. Im Fokus stehen Arbeiter*innen in der Textilindustrie und der bezahlten Haushaltsarbeit.

FEASIES schult Gewerkschaftsführer*innen zu den Themen Menschenrechte, Vereinigungs- und Gewerkschaftsfreiheit. Sie fördert den Erfahrungsaustausch zwischen Arbeiter*innen der Textilindustrie und besucht Unternehmen, um Fällen von Rechtsverletzungen nachzugehen und zu dokumentieren.

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Fotos: Reinhold Hummel
Hintergrundinformationen

MAquila-Delegationsreise 2015

Lebens- und Arbeitsbedingungen der Näher*innen in den Bekleidungsfabriken in El Salvador

Foto CIR: Teilnehmer*innen der Delegationsreise mit Gewerkschafter*innen

Vom 26. Januar bis zum 6. Februar 2015 hat die Christliche Initiative Romero (CIR) eine Delegationsreise nach El Salvador zum Thema “Maquila: Produktionsverhältnisse in den Nähfabriken Mittelamerikas“ unternommen.

Gemeinsam mit Journalist*innen und entwicklungspolitischen Multiplikator*innen aus Deutschland (u.a. Vorstand der Initiative EINE WELT Köngen) sowie Mitarbeiterinnen von Nichtregierungsorganisationen aus Rumänien, der Slowakei und Bulgarien trafen wir Partnerorganisationen der CIR aus der Menschen- und Arbeitsrechtsarbeit. Auf dem Reiseplan standen u.a. Treffen mit Fabrikarbeiter*innen, Betriebsgewerkschaften sowie Arbeitsrechtler*innen.

Quelle: CIR

Berichte und Reportagen der Reiseteilnehmer*innen:

Frauen, die bei der Nähkooperative ACOPIUS beschäftigt sind, haben viele Jahre unter verheerenden Bedingungen für Adidas, in der Fabrik Hermosa geschuftet.

Heimstickerinnen aus El Salvador verdienen 2 Dollar pro Kleid, an dem sie rund 16 Stunden arbeiten.

Die feministische Frauenorganisation Mujeres Transformando setzt sich dafür ein das Näherinnen aus El Salvador eine bessere Zukunft haben.

Das Centro Bartolomé de las Casas führt seit einigen Jahren, unter anderem in Schulen, Programme zur Gewaltprävention durch.

Seit der Produktionsprozess bei “The North Face” umgestellt wurde, müssen 20 Arbeiter*innen, in einer Stunde 33 Jacken fertigen.

Isabel arbeitet schon mehr als zwei Jahrzehnte in den Fabriken. Vor acht Jahren hat sie ihren Mann rausgeschmissen. Jetzt bringt sie ihre fünf Kinder alleine durch.

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