frauenrechtsorganisation
aguas bravas
Frauenrechte stärken – sexuellen Missbrauch anklagen – Opfern zur Seite stehen. Die Frauenrechtsorganisation Aguas Bravas ist eine wichtige Akteurin im Kampf gegen sexualisierte Gewalt. Seit 2007 begleitet die Organisation mit Sitz in Managua/Nicaragua Frauen im ganzen Land, die in ihrer Kindheit sexuellen Missbrauch (wie in Nicaragua die sexualisierte Gewalt in der Kindheit genannt wird) erfahren haben, in ihrem Aufarbeitungsprozess der Folgen, die dieses Verbrechen hinterlässt. Aguas Bravas Nicaragua (ABN) bietet Einzeltherapie an, begleitete Selbsthilfegruppen und Körperarbeit (mit externen Fachkräften).
Ein weiteres Aufgabenfeld hat sich dadurch ergeben, dass an den Universitäten im Fach Psychologie das Thema des sexuellen Missbrauchs in der Kindheit und seinen Folgen nicht im Lehrplan vorhanden ist. Deshalb bietet ABN Module im Fachbereich Psychologie an verschiedenen Universitäten an, führt mehrtägige Fortbildungen für Psychologinnen durch. Darüber hinaus leistet ABN gesellschaftspolitische Öffentlichkeitsarbeit um die Schutzmechanismen für Kinder zu erhöhen und das Bewusstsein in der Bevölkerung über dieses gravierende Problem zu wecken und zu stärken, und dadurch Frauenrechte in Nicaragua zu stärken. Immer öfter wird ABN gebeten, auch mit Kindern zu arbeiten, um ihren Selbstschutz zu fördern und ihr Recht, NEIN zu sagen zu stärken. Da gibt es im Erziehungsbereich ein weites Feld zu bearbeiten, angefangen von der Sexualaufklärung darüber, genügend Vertrauen zu entwickeln, sich Erwachsenen anzuvertrauen im Fall von sexuellem Missbrauch, verbunden mit der intensiven Arbeit mit den Erwachsenen, den Kindern zu glauben und nicht den Missbraucher zu schützen, der in 98 % der Fälle von Frauen, die bei ABN Unterstützung suchen, in der eigenen Familie zu finden ist.
kampf gegen sexualisierte gewalt
Das Schweigen brechen
Im August 2017 hat Aguas Bravas Nicaragua das 10-jährige Bestehen gefeiert. Bereits im Jahr 2006 begannen wenige mutige Frauen, die in ihrer Kindheit sexuelle Gewalt erlebt haben, in Managua ihren Missbrauch öffentlich zu machen und sich in einer ersten Selbsthilfegruppe zu organisieren. Brigitte Hauschild, die viele Jahre in Nicaragua ehrenamtlich gearbeitet hatte, und aus Mangel an Möglichkeiten in Nicaragua, in Deutschland die Folgen von Missbrauchserfahrungen aufarbeitete, ermutigte danach betroffene Frauen in Nicaragua, sich mit ihren traumatischen Erlebnissen auseinanderzusetzen. Die Folgen des sexuellen Missbrauchs in der Kindheit sind u. a.: der Verlust, anderen Menschen vertrauen zu können, weil in den meisten Fällen eine Person des Vertrauens (innerhalb der eigenen Familie) den Missbrauch begeht. Die Unfähigkeit, Grenzen zu setzen, ist eine weitere mögliche Folge: denn es ist eine erwachsene Person, die den Machtmissbrauch begeht und das Kind zum Missbrauch gezwungen hat. Der Verlust des Selbstwertgefühls, weil das Kind sich selber schuldig daran fühlt. Diese Folgen verursachen bei dem Kind eine Entwicklung, die im Erwachsenenalter u. a. dazu führen kann, dass Frauen es in gewaltvollen partnerschaftlichen Beziehungen nicht schaffen, sie zu beenden.
Heute ist Aguas Bravas nach wie vor die einzige Organisation des Landes und in den Nachbarländern, die das spezialisierte Angebot für betroffene Frauen macht, sich in Einzeltherapie, in begleiteter Selbsthilfegruppe und mit Körperarbeit von den Folgen des sexuellen Missbrauchs zu befreien.
Vor dem Hintergrund der ungeheuerlichen und alltäglichen Gewalt sind gesellschaftspolitische Aktivitäten zur Sensibilisierung und Prävention zum Schutz vor Gewalttaten enorm wichtig. Mit der Arbeit von Aguas Bravas soll das Schweigen der Opfer gebrochen werden. Der Kultur des Wegschauens und Ignorierens wird mit Aufmerksamkeit und Zivilcourage entgegengetreten.
Mit dem kleinen Team der Psychologinnen wird Einzeltherapie realisiert und werden Selbsthilfegruppen begleitet. Insbesondere die Selbsthilfegruppe lässt die Frauen erkennen, dass sie nicht die einzigen sind, wie vielfältig die Missbrauchsfolgen sind, wie andere Frauen mit ihnen umgehen, dass sie sich gegenseitig unterstützen und sich in langwierigen Aufarbeitungsprozessen davon befreien.
Das Schweigen Brechen
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Missbrauch Anklagen
Außerdem werden Fortbildungen und Unterrichtseinheiten an Universitäten im Fachbereich Psychologie und an Schulen durchgeführt. Darin werden neben den Folgen sexueller Gewalt in der Kindheit und deren Prävention andere soziale Themen wie Gleichstellung der Geschlechter, die allgegenwärtige Gewalt gegen Frauen in Nicaragua sowie die Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen bearbeitet. Zeitungsartikel, Radio- und Fernsehbeiträge sollen dazu beitragen, gesellschaftlichen Wandel anzuregen und einzufordern. Hervorzuheben ist hierbei insbesondere der im Jahr 2017 abgeschlossene formelle Vertrag mit der sehr renommierten Universidad de Centroamérica.
2012 wurde Aguas Bravas Nicaragua mit dem Menschenrechtspreis ausgezeichnet, der in jenem Jahr erstmals von den beiden Botschaften Deutschlands und Frankreichs vergeben wurde.
Inzwischen sind von Aguas Bravas und externen Spezialistinnen zu besonderen Themenbereichen mehr als 200 Psychologinnen aus verschiedenen Landesteilen fortgebildet worden. Das versetzt Aguas Bravas in die Lage, Betroffene auch an örtlich tätige Psychologinnen verweisen zu können. Viele Frauen nutzen heute die sozialen Medien, um sich Aguas Bravas zu nähern und Kontakt zur Organisation aufzunehmen.
Die Frauen von Aguas Bravas sind auch Mitbegründerinnen der „Bewegung gegen sexuellen Missbrauch“ (Movimiento contra el Abuso Sexual) in Nicaragua. Diese Bewegung macht hauptsächlich Öffentlichkeitsarbeit und thematisiert verschiedene Aspekte der sexualisierten Gewalt in nicaraguanischen Medien.
Die Initiative EINE WELT Köngen hat das Team dieser mutigen Frauen von Anfang an bei ihrem Einsatz gegen sexuelle Gewalt in der Kindheit unterstützt.